Archiv der Kategorie: Familie

Die Legende von der Christrose

Die Legende von der Christrose A4

Vor Zeiten, als Unfrieden im Land, auf den Straßen und im Wald herrschte, lebte hoch im Norden, im Gebirge, im dichten Wald eine Räuberfamilie.

Der Räubervater galt als friedlos, das heißt, er war eines Vergehens wegen aus der Gemeinschaft der Menschen ausgeschlossen worden – und seine ganze Familie mit ihm. Nun mussten sie alle in einer Höhle hausen, weit weg vom Licht, von Wärme, von der Gemeinschaft der Menschen.

Der Räubervater überfiel die Reisenden, die trotz aller Angst nicht vermeiden konnten, durch diesen Wald zu reisen, die Räubermutter dagegen unternahm gemeinsam mit ihren fünf Räuberkinder immer wieder Raubzüge auf Höfen, Bauernhäusern und Weilern.

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Ein Zuhause für Charley

Ein Zuhause für Charley – PDF herunterladen

An jenem Abend schneite es und Charley wollte, dass ich ihn den Arm nehme.

Darum trug ich ihn den ganzen Heimweg.

Ich hatte ihn in meine alte, weiche, blaue Babydecke gewickelt. Er war neu bei uns und ich passte genau auf, wo ich hintrat, damit ich nicht im Schnee ausrutschte. Gleichzeitig dachte ich über den Namen nach, den ich für ihn ausgesucht hatte. Charley. Charley Andersen. Ich heiße Henry. Henry Andersen.

»Hier ist dein Zuhause«, erklärte ich Charley bei unserer Ankunft und zeigte ihm alle Zimmer, auch mein eigenes.

Ich zeigte ihm mein Bett und den Platz, an dem meine Mutter die Geschenke am Tag vor meinem Geburtstag versteckt. »Dies ist dein Zuhause, Charley.« Das wiederholte ich mehrmals, damit Charley wusste, dass er daheim war.

Meine Mama und mein Papa sagten klipp und klar, wer mit Charley Gassi gehen würde. (Dafür sei ich zuständig, sagten sie, und ich konnte es kaum erwarten, mit Charley tagein, tagaus Gassi zu gehen.) Sie sagten klipp und klar, wer ihn füttern würde. (Dafür sei ich zuständig, sagten sie, und ich konnte es kaum erwarten, Charley tagein, tagaus Gassi zu füttern.)

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Amy Hest

Mamas Monster: Kindern Depressionen erklären

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Die Familienmitglieder

1Das ist Rike, eigentlich heißt sie Frederike, aber alle sagen nur Rike. Sie ist gerade 5 Jahre alt geworden und geht in den Kindergarten. Rike malt sehr gerne.2

Das ist Tommy, Rikes kleiner Bruder. Er ist noch ein Baby. Am liebsten sabbert er und wenn er gebadet wird, dann patscht er mit den Händen im Wasser rum, so dass es überall hin spritzt.

3Das ist Rikes und Tommys Mama Rosi. Sie arbeitet in einem Blumenladen, und zu Hause pflanzt sie Tomaten, Kartoffeln und Karotten im Garten an.4

Dann gibt es noch Papa Bernd. Er ist oft nicht da, weil er in seiner Firma arbeiten muss. Wenn er am Wochenende zu Hause ist, spielt er mit Rike verstecken und kitzelt Tommy am Bauch.

 Die Geschichte 

Es ist Sonntagmorgen. Rike liegt noch im Bett und wartet auf Mama. Die Mama weckt Rike immer, singt, gibt ihr einen Kuss und fragt, ob sie gut geschlafen hat. Rike mag nicht mehr warten. Sie steigt aus dem Bett und läuft in die Küche. Es gibt Frühstück. Doch wo ist Mama? „Sie liegt noch im Bett“, sagt Papa. Weiterlesen

Blech-Romanze

Es gibt alte Sachen – meine Frau sagt: „Viel zu viele“ –, von denen kann ich mich nur schwer trennen. Und damit fing es an…

Gestern Morgen, als ich ins Büro gehen wollte, stand eine Blechdose neben meiner Tasche.

„Nimm sie mit und wirf sie unten in den Koloniakübel“, sagte die Beherrscherin meines Haushalts. „Weihnachten steht vor der Tür, und sie nimmt mir im Kasten zu viel Platz weg.“ Weiterlesen

Weihnachten in aller Welt – Polen

Heute ist die letzte Chorprobe vor dem Weihnachtsfest. Als Roman und Agnes vor den anderen Kindern die Kirche verlassen, ist es dunkel und es schneit ein wenig. Nachdem sie ein Stück gelaufen sind, sagt Agnes zu ihrem Bruder: „Warte mal, ich muss mir das Schuhband zubinden.“

Roman bleibt stehen. Er schaut um sich und fragt: „Was ist das?“ Weiterlesen

Vater werden

Gillian - Doll Original Watercolour PaintingDaniel wünscht sich zu Weihnachten eine Puppe.
Sie soll Schlafaugen haben.
Er möchte sie abends ins Bett bringen und sie zudecken.
Sie soll lange Haare haben.
Er möchte sie kämmen und ihr einen Zopf flechten.
Sie soll bewegliche Arme und Beine haben.
Er möchte sie an- und ausziehen.
Die Eltern wundern sich.

„Möchtest du nicht lieber eine Eisenbahn?“ fragt die Mutter.
„Oder einen Baukasten?“ meint der Vater.
Sie machen sich Sorgen.
„Ein Junge, der mit Puppen spielt, wird kein richtiger Mann“, sagt der Vater.
Doch Daniel bleibt dabei.
Er wünscht sich zu Weihnachten eine Puppe.
„Warum eigentlich?“ fragt die Mutter.
Daniel besinnt sich.
„Ich möchte auch ein Vater werden“, sagt er.

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Weihnachtsstress

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Seit Jahren schon fasste ich immer nach Weihnachten den Vorsatz, im nächsten Jahr nicht wieder in den üblichen, vorweihnachtlichen Stress zu verfallen, sondern alles etwas strukturierter und ruhiger angehen zu lassen. Weiterlesen

E-Mail für Oma

Alle in seiner Klasse hatten eine Oma, nur Michael nicht. Die meisten hatten sogar zwei und noch einen Opa dazu. Michael hatte zwar einen Opa, den Vater seiner Mutter, aber den mochte er nicht und hätte ihn gerne gegen eine Oma eingetauscht.

Gerade jetzt, kurz vor Weihnachten, war eine Oma unbezahlbar. Sein Freund Moritz hatte sich von seiner eine neue Playstation gewünscht. Seine Eltern hatten kein Geld dafür, aber die Oma hatte ihre Rente und nur ein Enkelkind. Was machte sie also? Sie erfüllte Moritz jeden Wunsch – zum Entsetzen der Eltern!

Michael hatte auch jede Menge Wünsche, die seine Eltern ihm nicht erfüllen konnten. Aber im Unterschied zu Moritz hatte er keine Oma. Und das empfand er als sehr ungerecht. Was hatte er getan, dass er ohne Oma dastand?

„Vielleicht kann man eine mieten!“, schlug Moritz hilfsbereit vor. „Mein Vater sagt, heutzutage kannst du alles mieten.“

Moritz brachte auch gleich am nächsten Tag eine Telefonnummer mit. „Wenn meine Tante abends eingeladen ist, ruft sie da an und die schicken eine Oma oder einen Opa vorbei, die auf meine kleine Cousine aufpassen.“ Weiterlesen

Halbert und Hob (englische Weihnachtserzählung)

friedenGibt es eine Ursache für diese
harten Herzen? Oh, Lear,
Dass es etwas jenseits der Natur geben muss,
das sie besänftigt, scheint eindeutig.

 

  1. Vater und Sohn

Rauh und wild ist die Landschaft im Norden, wo diese Geschichte spielt, und rau und wild waren die zwei Männer, von denen hier die Rede ist. Der alte Halbert und sein Sohn Hob waren so etwas wie zwei Menschen, an denen die Zivilisation vorübergegangen war. Sie schienen nichts aufzuweisen, außer den harten und ungehobelten Instinkten unzivilisierter Geschöpfe. Sie stammten von einer wilden Sippe ab, und in ihnen, den letzten ihres Geschlechts, schien das Wilde und Raue seinen Höhepunkt gefunden zu haben. Sie waren keine Kriminellen, denn man konnte sie nicht des Diebstahls oder Mordes bezichtigen. Doch wenn man ihnen auch nur mit einem Wort krumm kam, war ihre Antwort ein Fausthieb. Weiterlesen

Mia von nebenan

Auf den ersten Blick ist Mia ein ganz normales Mädchen. Sie wohnt in einem Kölner Vorort, geht regelmäßig zur Schule und führt nachmittags den Hund aus. Was keiner weiß: Mias Eltern sind drogenabhängig und kümmern sich nur sporadisch um sie. Es ist Mia, die den Müll wegbringt, den Abwasch macht und aufpasst, dass ihre Mutter etwas zum Frühstück bekommt. Eines Tages hat sie davon genug. Wer kümmert sich eigentlich um sie? Mit der Kraft der Verzweiflung versucht sie, eine andere Bleibe zu organisieren – bei der Oma, einem Mitschüler, der großen Schwester (…)

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Mia von nebenan – 1 von 4

Mia von nebenan – 2 von 4

Mia von nebenan – 3 von 4

Mia von nebenan – 4 von 4

Morgen Früh am Weihnachtstag – Pearl S. Buck

 

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Rob liebte seinen Vater, aber erst ein paar Tage später wurde ihm bewusst wie sehr, als er ihn kurz vor Weihnachten mit seiner Mutter sprechen hörte:ob war fünfzehn und lebte auf einem Bauernhof. Jeden Morgen schleppte er sich um 4 Uhr Morgens mühsam aus dem Bett, um zu helfen, die Kühe zu melken. Manchmal dachte er, dass die Aufgabe einfach viel zu groß für ihn war. Weiterlesen

Malins Weihnachtsgeschenk

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Malin hatte ein Geheimnis. Aber das erzählte sie niemandem.Die Schule war in einem kleinen roten Haus. In diese Schule ging Malin. Sie war neun Jahre alt. Am zweiten Juli hatte sie Geburtstag. Mitten im Sommer.

Ja, eine Weile hatte sie sogar zwei Geheimnisse. Das eine hätte sie fast Johan erzählt. Das war, als das erste Schuljahr vorbei war. Alle in der Klasse hatten ihre Sonntagskleider an. Die Lehrerin trug ein Kleid mit Blumen drauf. In einer Vase steckte ein großer Strauß Flieder. Der duftete durch das ganze Schulzimmer. Weiterlesen

Küssen ist doof

Küssen ist doof

Es ist Wochenende, und beim Frühstück machen es sich Tim und Papa richtig gemütlich. Mit Tischdecke, Kakao, Brötchen, Marmelade, Wurst und Käse! Weil Wochenende ist, darf Tim so viel Schokocreme essen, wie er will.
»Lecker«, sagt er glücklich.
»Morgen kommt Tante Ulla«, erzählt Papa.
»Oh nein!«, ruft Tim und lässt sein Brötchen fallen. »Ich verstecke mich, damit sie mich nicht findet.« Weiterlesen

Hans und der Fußball

Am Nachmittag spielt Hans mit dem Fußball. Die Mutter arbeitet, der Vater arbeitet, und Hans kann alles tun, was er will. Fast alles. Gewisse Dinge sind verboten. Fußball spielen zum Beispiel.
»Du wirst doch einsehen, Hans«, sagte die Mutter erst vorgestern, »dass du zwar mit dem Ball spielen darfst, aber nicht überall und nicht jederzeit. Das verstehst du sicher. Das geht einfach nicht. Hab‘ ich Recht, Vater?«
Wenn die Mutter Hans etwas verbietet, holt sie sich immer Rückendeckung beim Vater.
Hab‘ ich Recht, Vater? Hans weiß, dass der Vater immer zur Mutter hält, und dass die Mutter immer derselben Ansicht ist wie der Vater. Sie halten gegen ihn zusammen, bilden eine hohe Mauer, die fast alles abwehrt, was für Hans lebenswichtig ist. Gegen sie hat er keine Chance. Weiterlesen

Die Weihnachtsmäuse

Im Haus der Familie Horvath gab es einen kleinen Raum, den alle Familienmitglieder »Speisekammer« nannten. Aber eigentlich war er mehr ein Abstellraum, ein Besenkammerl. Früher, zu Großvaters Zeiten, als es noch keine Kühlschränke gab, war er eine richtige Speisekammer gewesen. Nun waren die Regale der Speisekammer mit leeren Flaschen, alten Schuhen, vergilbten Zeitungen, leeren Kartons und anderem Krimskrams gefüllt. Nur in einem Fach stand noch eine lange Reihe von Marmeladegläsern.

Im Dezember, als die Tage und Nächte immer kälter geworden waren, hatten sich zwei Hausmäuse vom Dachboden in dieser Speisekammer einquartiert. Die Kälte hatte sie heruntergetrieben. Irgendwie hatten sie einen Weg in die Speisekammer gefunden. Wie – das wussten nur die Mäuse selber. Für Menschen wird es ewig unverständlich bleiben, wie Mäuse in geschlossene Räume eindringen können. Das ist das große Geheimnis des Mäusevolkes ! Weiterlesen

Julia bei den Lebenslichtern

kerz„Oma?“
Leise öffnet Julia die Tür zu Omas Zimmer. Es ist schon Mittag und Oma liegt noch immer im Bett. Nicht einmal die Vorhänge hat zur Seite gezogen. Auf Zehenspitzen geht Julia ins Zimmer. Sie sieht, dass Omas Augen geschlossen sind. Ihr Kopf ist ein wenig zur Seite gerutscht, als hätte sie sich den Hals verrenkt. Noch nie hat Oma im Bett gelegen und geschlafen, wenn Julia von der Schule nach Hause gekommen ist!
„Oma, warum sagst du nichts?“ Weiterlesen

Ein neues Leben im zwölften Stock

Ein neues Leben im zwölften Stock

Wir wohnen in der Trabantenstadt. Dort wurden vor wenigen Jahren in kürzester Zeit mindestens ein Dutzend Wohnsilos aus dem Ackerboden gestampft. Als ich geboren wurde, lebten hier am Rande der Großstadt noch kleine Bauern. Heute sind sie alle Millionäre, seitdem sie ihre Felder und Mooswiesen als Bauland an die Wohnungsbaugesellschaft verkaufen durften. Uns stört es nicht, dass dort, wo wir jetzt wohnen, vor einem Jahrzehnt noch Kühe und Schafe gegrast haben. Wer zu uns zu Besuch kommt, der denkt vielleicht, so wie heute hätte es hier schon seit Jahren ausgeschaut. Aber Pustekuchen! So etwas nennt man Fortschritt. Papa sagt oft, dass wir froh sein könnten, im Jahrhundert der Technik zu leben, in dem alles auf Fortschritt und Verbesserung der Lebensqualität ausgerichtet wäre. Was er damit meint, lässt sich in ein oder zwei Sätzen gar nicht erklären. Jedenfalls dürfen auch wir an diesem Fortschritt teilhaben, seitdem wir aus unserer alten Behelfsheimsiedlung in den zwölften Stock von einem dieser Wohnsilos umgezogen sind. Papa meinte, wir sollen uns jetzt das Leben so angenehm wie möglich machen. Was er damit sagen wollte? Nun: Kein Zank mehr, kein Streit und so weiter! Weiterlesen

Das kleine Weihnachtsfest

Margaret Greaves winkte noch einmal, und zum letzten Mal, von der obersten Stufe der Haustreppe, als Henrys Taxi über die vereiste Straße davonschlich. Dann schloss sie mit einem Kälteschauer die Tür und ging niedergeschlagen ins Wohnzimmer zurück.

Wieder einmal war ein Weihnachtsfest mit seinen sogenannten »festlichen« Tagen vorbei. Und nie vorher hatte sie sich so müde an Körper und Geist, so im Innersten enttäuscht gefühlt.

Wie stets hatte sie auch diesmal den großen Tagen mit einer beinahe kindlichen Spannung entgegengeblickt. Hank würde von der Universität, Penny von ihrem College heimkommen und Cecily und ihr Mann Bill aus der Stadt ins Elternhaus.

Die ganze Familie wieder vereinigt, alle durchströmt von dem köstlichen Glücksgefühl, wie an den Weihnachtsfesten der letzten Jahre…

Aber dieses Gefühl hatte versagt; wie schon oft in letzter Zeit. Nur war diesmal alles schlimmer als sonst gewesen.

Margaret ließ sich erschöpft auf die Couch sinken und blickte sich um. Der Raum schien ihr freudlos und unordentlich; er bot das Bild eines Hauses am Ende der festlichen Tage.

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Der einsame Weihnachtsmann

Der einsame Weihnachtsmann

Renate Riebschläger

Noch drei Tage bis Heiligabend und alle Miet-Weihnachtsmänner sind ausgebucht. Auch Nachbarn, Freunde und Verwandte feiern selbst und haben keine Zeit oder sind unserer Enkelin schon zu vertraut.

Doch für die kleine fünfjährige Hanna muss unbedingt ein Mann mit rotem Mantel und weißem Bart aufgetrieben werden.

Hanna glaubt noch ganz fest an den Weihnachtsmann und träumt seit Tagen von ihm. Ohne seine Anwesenheit würde ihre heile Weihnachtsmannwelt ins Wanken geraten.

Unsere letzte Hoffnung ist unser Nachbar Willi. Weiterlesen

4. Dez. – Barbaras Starke Blüten

Barbaras Starke Blüten

Barbara Veit

Als Barbara am 4. Dezember aufwachte, war es ein Tag wie jeder andere. Papa war schon zur Arbeit gegangen, Mama sagte, dass sie sich beeilen musste… schon wieder zu spät dran! Dann war Mama auch weg und Barbara steckte das Pausenbrot in ihre Schultasche, zog langsam ihre Jacke an, zog sie wieder aus und setzte sich an den Frühstückstisch. Sie war müde, denn letzte Nacht hatte sie viel zu lange unter der Bettdecke gelesen. Mit der Taschenlampe, damit niemand was merkte!

Eigentlich hatte sie keine Lust, in die Schule zu gehen. Aber sie musste! Weiterlesen

6. Dez. – Ein Geschenk vom Nikolaus

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Ein Geschenk vom Nikolaus PDF

Ein Geschenk vom Nikolaus

Es schneit… und schneit, bis hohe Schneeberge die Häuser zudecken. Im Dorf ist es weiß, kalt und still.

Der Krämer kann seine Ware nicht verkaufen, die Bäckersfrau kein Brot. Großvater Gregor möchte seine Ziegen füttern, doch der Weg zum Stall ist verschneit. Und weil es keine Post auszutragen gibt, schreibt sich der Briefträger selbst einen Brief. In jedem Haus warten Kinder auf den Nikolaus. Weiterlesen

Meine Oma fand immer eine Lösung

Ich schaute in Istanbul aus dem Fenster meines Hotels. Wunderbar funkelte das Wasser des Bosporus in der Morgensonne und viele kleine und einige große Schiffe pflügten ihre Spuren in das Wasser. Aber nicht dieses Schauspiel war es, das mich fesselte, sondern ein graues, unansehnliches Haus auf der anderen Straßenseite genau dem Hotel gegenüber zog meine Blicke an. Es hatte zehn Stockwerke oder mehr und hätte in seinem schmutzigen Kleid auch in jeder anderen Großstadt der Welt seinen Platz haben können. Aber dann öffnete sich im obersten Stockwerk gleich unter dem Flachdach ein Fenster und… Aber das alles muss von Anfang an erzählt werden. Und der Beginn dieser Geschichte liegt schon mehr als hundert Jahre zurück. Weiterlesen

Oma lebt weiter – Max Bolliger

„Erkennst du sie?“ fragt der Vater.

Judith betrachtet ein Kind nach dem andern.

„Das muss Oma sein, da, in der zweiten Reihe.“

„Ja“, sagt die Mutter. „Das ist Oma. Das Mädchen mit den beiden dicken Haarzöpfen, auf die sie als Kind so stolz war.“

„Wie alt ist dieses Klassenfoto?“ fragt Judith. Weiterlesen

Die Heilige Nacht – Selma Lagerlöf

Die Heilige Nacht – Selma Lagerlöf

Selma Lagerlöf

Als ich fünf Jahre alt war, hatte ich einen großen Kummer. Ich weiß kaum, ob ich seitdem einen größeren gehabt habe. Das war, als meine Großmutter starb. Bis dahin hatte sie jeden Tag auf dem Ecksofa in ihrer Stube gesessen und Märchen erzählt. Ich weiß es nicht anders, als dass Großmutter dasaß und erzählte, vom Morgen bis zum Abend, und wir Kinder saßen still neben ihr und hörten zu. Das war ein herrliches Leben. Es gab keine Kinder, denen es so gut ging wie uns.

Ich erinnere mich nicht an sehr viel von meiner Großmutter. Ich erinnere mich, dass sie schönes, kreideweißes Haar hatte und dass sie sehr gebückt ging und dass sie immer dasaß und an einem Strumpf strickte. Weiterlesen

Erikas Geschichte

Erikas Geschichte

Fünfzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, im Jahr 1995, also, begegnete mir die Frau aus dieser Geschichte. Mein Mann und ich saßen in Rothenburg ob der Tauber auf einer Bank und sahen zu, wie Einsatzkräfte zerbrochene Ziegel entfernten, die vom Rathausdach heruntergefallen waren. Ein schwerer Sturm war in der Nacht zuvor durch diese wunderschöne mittelalterliche Kleinstadt gefegt und hatte überall seine Spuren hinterlassen. Ein älterer Ladenbesitzer, der in der Nähe stand, erzählte uns, dass der Sturm ebenso große Verwüstungen verursacht habe wie der letzte alliierte Luftangriff während des Krieges. Weiterlesen

Opa ist woanders – Evelyne Stein-Fischer

»Komm«, sagt die Mama, »wir fahren den Opa besuchen«. Aber es ist nicht wie sonst.

Herbert braucht keinen Fußball mitzunehmen, weil der Opa nicht mit ihm spielen wird. Er braucht auch nicht seinen Pyjama einzupacken, weil er nicht bei ihm übernachten wird. Herbert braucht nur seine Gedanken mitzunehmen, alle, die er hat, wenn er an den Opa denkt. Weiterlesen

Die lange Reise nach Hause – Wilhelm Meissel

Leo mochte nicht mehr nach Hause gehen. Zu Hause war es öde. Vater kam auch nicht mehr. Er wohnte jetzt woanders. Das hatte besondere Gründe: Vater hatte sich scheiden lassen.

Scheiden tut weh, heißt es in einem Lied. Wenn Leo seinen Vater betrachtete, den er einmal im Monat sah, war nichts von Weh in seinem Gesicht. Davon war schon mehr im Gesicht seiner Mutter zu sehen. Warum eigentlich? Sie bekam doch Geld und die Kinderbeihilfe von Vater. Trotzdem war sie unglaublich geizig mit dem Taschengeld. Weiterlesen

Fremder Mann – Waltraud Zehner

Fremder Mann 

Waltraud Zehner

Einmal im Monat kommt mein Vater,
holt mich ab, wir gehen in den Zoo.
Er kauft mir Schoko und Cola und Tierfutter
und denkt, ich bin froh.
Bei den Affen bleiben wir lange stehn.
Mein Vater schaut auf die Uhr:
Wir sollten jetzt weitergehn.
Im Gasthaus krieg ich wie immer Pizza und Eis.
Wie geht‘s in der Schule, fragt er,
hier hast du zehn Mark für Fleiß.
Einen Sonntag im Monat hat mein Vater Zeit,
einen ganzen Tag lang sind wir zu zweit,
manchmal kommt er mir vor wie ein fremder Mann,
und ich trau mich nicht zu sagen,
dass ich die Mathe nicht kann.
 

Hans-Joachim Gelberg (Hrsg.): Die Erde ist mein Haus – Jahrbuch der Kinderliteratur.
Weinheim: Beltz&Gelberg 1988

Das Bauchweh – Nasrin Siege

Das Bauchweh

Nasrin Siege

Andreas hat Bauchweh. Er hat zu viel Kuchen gegessen. Mama zaubert das Bauchweh weg: »Das Bauchweh ist wie ein kleiner Vogel. Das Bauchweh fliegt ganz hoch, auf die Spitze eines Baumes. Dann fällt das Bauchweh runter in den Fluss. Plumps! Ein Krokodil kommt angeschwommen und frißl das Bauchweh auf. Das hätte es lieber nicht tun sollen, denn danach bekommt es ganz doll Bauchweh. >Aua, aua!< schreit es. Seine Mutter kommt ganz aufgeregt angeschwommen und sagt zu ihm: >Dann spuck’s doch aus!< Das tut es, und dann hat es kein Bauchweh mehr. Das Bauchweh schwimmt weiter – wie ein kleiner Fisch. Wer es frisst, bekommt selber Bauchweh. Nur Andreas und das Krokodil haben kein Bauchweh mehr.«

Zärtlichkeiten:
Die Arme ausbreiten
Märchen erzählen
Blätter sammeln
Bauchweh wegstreicheln Weiterlesen

Liebe heißt L’Amour – ein Weihnachtsgeschenk

Liebe heißt L‘ Amour

Sabine Ludwig

Niklas drückt seine Nase an die Schaufensterscheibe. Von Puderzuckerschnee berieselt stehen da unzählige Flaschen und Fläschchen: schlanke hohe, bauchig-dicke mit goldschimmernder Flüssigkeit gefüllt. Parfüm. Tausend Sorten, mindestens. Aber nicht jedes riecht gut. Omas Parfüm hat einen scharfen, stechenden Geruch wie die Seife auf dem Zahnarztklo. Und Frau Mohn, die Lehrerin, riecht immer ganz süß nach Kirschkaugummi. Und Mama? Mama riecht einfach nach Mama, nur manchmal, wenn sie abends weggeht – »einmal in hundert Jahren« -, dann riecht sie nach L’Amour. Das heißt Liebe und ist ein ganz besonderer Duft. Niklas betritt den Laden, der ist rappelvoll mit Menschen, die in letzter Minute noch ein Weihnachtsgeschenk kaufen wollen.

»Geben Sie mir irgendwas für hundert Mark und packen Sie’s hübsch ein«, hört Niklas einen dicken Mann sagen. Und eine Frau im Pelzmantel schubst ihn unsanft beiseite: »Einmal die Antifalten-Creme mit der Dreifachwirkung!«

Niklas zupft eine der hübschen Verkäuferinnen an ihrem rosa Kittel.

»Was möchtest du denn, mein Kleiner?«

»Eine Flasche L’Amour!« Weiterlesen

Jakob nimmt sich etwas vor

Susi kommt mit verweinten Augen in die Schule.

„Was ist los?” fragt Jakob.

„Mein Meerschweinchen ist gestorben”, sagt Susi. „Mein Sebastian mit dem schwarzen Fleck auf der Nase.”

„Oje”, sagt Jakob. „Und jetzt bist du traurig.”

Susi nickt.

„Kannst du deine Eltern nicht bitten, dass sie dir ein neues kaufen?” fragt Max. Weiterlesen

Weihnachten in Ecuador

Ecuador

Juanito, kleiner Hans, wird er von allen gerufen. Er lebt am Rande von Quito, der Hauptstadt von Ecuador. Obwohl er erst zehn Jahre alt ist, arbeitet er als Schuhputzer und hilft mit dem verdienten Geld seiner Familie.

Es ist der Tag des Heiligen Abends. Juanito fährt morgens mit dem Bus in die Innenstadt. Den Holzkasten mit dem Schuhputzzeug hält er fest unter seinem Arm. Er hofft auf ein gutes Geschäft, denn er möchte gerne bunte Zuckersachen für den heutigen Abend kaufen.

Langsam schlendert Juanito durch die Straßen, sieht den Leuten auf die Schuhe und spricht sie mit freundlichen Worten an. Zwischendurch Weiterlesen

Ja sagen, Nein sagen – gar nicht so einfach!

Jungen raufen, Mädchen halten Händchen.

Jungen raufen, Mädchen halten Händchen.

Stimmt das?

Pauline ist mit Regina und Nicki befreundet. Auf dem Schulhof gehen die drei meistens Arm in Arm in einer langen Reihe. Mit Regina ist Pauline noch ein bisschen mehr befreundet. Manchmal gehen die beiden zu zweit und halten sich an der Hand. Das ist ein schönes warmes Gefühl, findet Pauline.

Rasmus ist mit Dimitar befreundet. Wenn Dimitar morgens um die Ecke getrabt kommt, freut er sich. „Hey, Dimi!”, schreit er dann und knufft seinen Freund in die Seite. „Hey, Rasmus, du Ganove!”, brüllt Dimitar und haut Rasmus auf den Rücken. Manchmal fangen die beiden dann gleich an zu raufen und kugeln gemeinsam über den Boden.

Jasper ist der beste Freund von Paul. Wenn Paul Jasper sieht, haut er ihm auch auf den Rücken. Jasper mag das eigentlich nicht. Am liebsten würde er Pauls Hand nehmen. Aber dann boxt er ihn doch lieber in die Seite.

Gut – schlecht!

Was stimmt denn nun?

gutRaufen kann gut sein:

Wenn Rasmus und Dimitar miteinander raufen, geht es ihnen gut. Sie fühlen dann, dass sie echte Freunde sind. Weiterlesen

Nein sagen ist manchmal ganz schön schwer!

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Nein sagen ist manchmal ganz schön schwer!

Das hört sich so einfach an: Nein sagen, wenn sich etwas nicht gut anfühlt.

Laura, die Kusine von Serafina, hat etwas erlebt, bei dem sie sich mit dem Ja-Sagen und Nein-Sagen gar nicht mehr auskannte.

Einmal war Onkel Linus zu Besuch. Er ist der Bruder von Lauras Mutter.

Laura hat sich gefreut. Onkel Linus hat Laura gezeigt, wie man im Internet surft. Er hat ihr gezeigt, wo die besten Spiele zu finden sind und wie man seine Lieblingslieder aus dem Netz herunterladen kann. Ganz nahe beieinander haben sie vor dem Computer gesessen. Laura hatte ein schönes warmes Gefühl im Magen. Onkel Linus hat einen Arm um Laura gelegt, und dann hat er angefangen, sie zu streicheln. Weiterlesen

Gleiche Rechte für Mädchen und Jungen. Ja klar!

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Gleiche Rechte für Mädchen und Jungen. Ja klar!

„Kein Kind darf, weil es ein Mädchen oder Junge ist, benachteiligt werden. Das steht in den Kinderrechten. Aber ist das nicht sowieso klar?”, wundert sich Paul. Jasper, Robert und Lea nicken.

„Und wieso muss dann immer ich beim Abwasch helfen und mein Bruder nicht?”, fragt Hannah.

„Dein Bruder ist ja noch klein”, antwortet Hazima. „Wenn er ein bisschen älter ist, muss er auch helfen, sonst ist es ungerecht.”

„Abwaschen ist Frauensache”, grinst Rasmus. Weiterlesen

Annapurna, meine Mutter ist eine Göttin – Geschichte aus Indien

Annapurna, meine Mutter ist eine Göttin

Veena lebt in Bombay. Bombay ist eine große Stadt in Indien und liegt direkt am Meer.

Das Haus, in dem Veena wohnt, ist nur eine Baracke mit einem langen Flur und vielen Räumen. Jeder Raum ist fünf kleine Schritte lang und drei große Schritte breit. Damit Veenas Familie mehr Platz hat, hat Veenas Vater aus Brettern eine Zwischendecke eingezogen. Auf den Brettern hat er Matten ausgebreitet. Auf diesen Matten schlafen Veena, ihre Brüder und Schwestern und ihre Eltern.

Veena hat zwei Brüder und drei Schwestern. Die Brüder heißen Shivaji und Goga, die Schwestern Shaya, Najma und Rukminidevi. Aber Rukminidevi ist noch ein Baby und wird von allen nur Ruki gerufen.

Quer durch den Raum ist ein Seil gespannt, auf dem trocknet Veenas Mutter die Wäsche. Weiterlesen

In 10 minuten gibt’s essen – Achim Broger

In 10 minuten gibt’s essen

Vor dem Fußgängerüberweg an der Kreuzung bleibe ich stehen. Autos drängeln sich dicht hintereinander an mir vorbei. Meine Schultasche stelle ich neben mir auf dem Pflaster ab; sie ist heute ziemlich schwer, schwerer als sonst. Wir hatten in der zweiten Stunde Erdkunde, dafür muss ich jedes Mal den Atlas mitschleppen, der wiegt allein zwei Pfund. Kein Wunder, wenn ich mir vorstelle, dass darin alle Flüsse, Berge, Meere, Städte und Länder eingepackt sind – oder wenigstens fast alle. Da unten, in dieser Tasche neben meinen Füßen, stecken sie. Komische Vorstellung. Hoffentlich laufen die Flüsse und Meere nicht aus, sonst würden das Lesebuch und alle anderen Bücher und Hefte, die ich mithabe, nass werden… Jedenfalls ist die Tasche heute verdammt schwer. Weiterlesen

Mein Opa kann ganz schön anstrengend sein

Seit meine Oma gestorben ist, wohnt mein Opa ganz allein in der Wohnung unter uns. Er versorgt sich morgens und abends selbst. Zum Mittagessen kommt er immer zu uns herauf. Meine Mutter besorgt ihm auch die Wäsche, und sie hält seine Wohnung in Ordnung.

Wenn der Opa zum Essen kommt, stöhnen meine Eltern immer ein bisschen. Er hört nämlich sehr schlecht, weigert sich aber, sein Hörgerät zu tragen. Er sagt, dass er dann ganz genau sein eigenes Kauen hört und dass ihm das gar keinen Spaß macht. Dafür hören wir es alle umso deutlicher. Aber keiner von uns würde das jemals dem Opa sagen.

Wenn ich aus der Schule komme und beim Mittagessen meiner Mutter etwas erzählen möchte, dann komme ich nicht dazu. Der Opa erzählt nämlich ständig und immer dasselbe. Er erzählt von früher und vor allem von seinem Auto. Immer wieder das gleiche. Weiterlesen

Nein, mit Fremden geh ich nicht!

Nein, mit Fremden geh ich nicht!

Lia findet, dass dieser Morgen gar nicht gut anfängt. Tim, ihr großer Bruder, zerrt an ihren Haaren — nur so zum Spaß.

Aber Lia kann das gar nicht leiden.

»Lass das!«, schimpft sie. Da zieht er noch fester.

Jetzt wird Lia aber richtig wütend und beißt Tim ganz fest in die Hand.

»Mamaaa!«, schreit Tim. Und dann ist Mama sauer auf Lia!

»Du magst Tim viel lieber als mich!«, heult Lia.

Auch im Kindergarten ist heute alles verkehrt.

Lias Lieblings-Kindergärtnerin ist krank. Und Anne, Lias beste Freundin, ist ganz komisch. Als Lia fragt: »Wollen wir Seilhüpfen?«, schüttelt sie nur den Kopf und fängt an zu weinen. Und dann bekommt Anne auch noch lauter rote Punkte auf der Haut. Darum holt ihre Mama sie ganz schnell ab und Lia muss alleine Seil hüpfen.

Erst als der Kindergarten aus ist, fällt Lia ein, dass sie nun mit niemandem heimfahren kann. Weiterlesen

Pia sieht »grau«

Pia sieht »grau«

Es regnet schon wieder. Wie so oft hockt Pia am Fenster und starrt auf die nasse Stadtlandschaft hinunter. Nichts als Häuser und Straßen! Pia sieht nur grau, und sie fühlt sich auch so. Grau und düster und allein. Zu nichts hat sie Lust. Lachen kann sie schon lange nicht mehr. Seit Papa zu seiner Freundin gezogen ist. Das ist schlimm gewesen. Mutti hat nur noch dagesessen, gegrübelt und geweint. Auch Pia hat immer wieder gefragt: »Warum hat Papa das getan?«

»Wir müssen weg von hier«, hat Mutti eines Tages gesagt. »Weit weg. Zum Vergessen! Und ich muss wieder arbeiten gehen. Dann habe ich keine Zeit mehr zum Grübeln!«

So sind Pia und Mutti in die Stadt gezogen. Mutti hat Arbeit bei einer Zeitung gefunden und arbeitet sehr hart. Zum Grübeln und Weinen ist sie nun zu müde, wenn sie abends zu Pia in die kleine Hochhauswohnung kommt. Sie ist aber auch zu müde, um sich mit Pia zu unterhalten, mit ihr zu spielen oder etwas zu unternehmen. Weiterlesen

Andis Vater und die Befreiungsaktion

Andis VaterAndis Vater

Es war schon merkwürdig. Alle drei Freunde Andis hatten bekannte Väter.

Alexanders Vater war Chirurg. Einer von den Ärzten, zu denen reiche und bedeutende Leute kamen, um sich den Blinddarm herausnehmen zu lassen.

Raffaels Vater spielte Geige. Aber nicht nur so zum Vergnügen. Er gab überall in der Welt Konzerte und war ziemlich berühmt.

Ginos Vater war Film-Regisseur. „Er sagt den Schauspielern, was sie tun sollen“, erklärte Gino den Beruf seines Vaters mit beiläufigem Stolz.

Andis Vater war Verkäufer in einem Geschäft für Herrenmoden. Er war ziemlich klein, trug eine goldgefasste Brille und war gar nicht berühmt. Andi sah ihn nur am Wochenende, weil seine Eltern geschieden waren. Wenn seine Freunde über ihre Väter redeten, blieb Andi still. Was hätte er auch sagen sollen? „Letzten Dienstag hat mein Vater einen grauen Flanell-Anzug verkauft“? Weiterlesen

Micha und das Osterwunder – Rolf Krenzer

Micha und das Osterwunder – Rolf Krenzer

 

Später Besuch

Rut deckte gerade den Tisch fürs Abendessen und hatte ihren Sohn Micha in die Küche geschickt, um noch das Brot zu holen. Da klopfte es draußen an die Haustür aus schwerem Holz. Der Junge hielt kurz inne und wollte gleich zur Tür laufen. Doch ein donnerndes »Halt!« seines Vaters hielt ihn zurück.

»Wenn es draußen schon dunkel geworden ist, lass lieber mich die Tür öffnen«, sagte der Vater und stand vom Tisch auf. Er griff nach der Öllampe und ging ohne jede Eile durch den schmalen Flur zur Tür.

»Wer weiß, wer sich jetzt so kurz vor dem Passahfest noch alles auf den Gassen herumtreibt«, meinte die Mutter und beobachtete ihren Mann Jonatan, der ein Brettchen an der Tür etwas zur Seite schob. So konnte er durch einen schmalen Spalt nach draußen sehen.

»Öffne besser nicht«, flüsterte sie ihm zu und stellte sich hinter ihn. »Wer etwas von uns will, kann auch morgen noch zu uns kommen. Morgen, wenn es hell ist.« Weiterlesen

III Bei den Großeltern – Rolf Krenzer

Micha und das Osterwunder – Rolf Krenzer

Bei den Großeltern

Sie waren heute alle zum Essen bei den Großeltern eingeladen. Rut öffnete, als Tomas an die Tür klopfte.

»Mara, unsere Enkelkinder aus Kana sind da«, rief Joschija und eilte zur Tür.

Daniel und Ester waren zunächst etwas schüchtern, als sie so plötzlich ihren Großeltern gegenüberstanden. Doch der Großvater sah mit seinem langen weißen Bart genauso aus, wie Daniel und Ester ihn sich vorgestellt hatten. Nun schaute er sie lange an, nickte und legte ihnen zart die Hände auf den Kopf. »Ich segne euch beide, Ester und Daniel«, sagte er. »Gott sei Lob und Dank, dass ich euch endlich sehen und bei mir zu Hause begrüßen darf.« Weiterlesen

Schutzengel mein – Max Bolliger

angel in the sky

„Schutzengel mein, der du mich begleitest,
alle meine Schritte leitest. Ich danke dir. Amen.“
„Amen“, sagt auch die Mutter. „Und nun schlaf gut.“
Plötzlich richtet sich David nochmals auf.
„Es gibt gar keine Engel“, sagt er.
„Warum?“ fragt die Mutter und setzt sich auf sein Bett. Weiterlesen

Die Geschichte von dem Kind und dem Bild – R. Krenzer

Die Geschichte von dem Kind und dem Bild

Einmal hat ein Kind ein Bild gemalt. Es hat lange gebraucht, bis es fertig war. Und das Kind hat alle Buntstifte benutzt, die es besaß. Dann ist es zu der Oma gegangen und hat ihr das Bild gezeigt.
»Was ist das?« hat das Kind die Oma gefragt.
»Ein schönes buntes Bild«, hat die Oma gesagt.
»Aber was ist es?« hat das Kind erneut gefragt.
Das hat die Oma nicht gewusst.
Da hat das Kind den Opa gefragt.
»Das ist fast ein Picasso«, hat der Opa gesagt und dabei gelächelt.
»Was ist fast wie ein Picasso?« hat das Kind darauf den Opa gefragt.
»Ein Maler«, hat der Opa geantwortet. Weiterlesen

Jonas und die Riesenrutsche

Jonas und die Riesenrutsche

Jonas ist heute mit seinem Freund Martin im Schwimmbad. Martin will als Erstes von der großen Wasserrutsche rutschen. Die Rutsche ist richtig lang und hat ganz viele Kurven. Jonas findet die auch toll, aber er hat sich noch nie getraut, alleine dort hinunterzurutschen, bisher waren immer Mama oder Papa dabei.

Martin zieht schon an seinem Arm.

»Mensch, Jonas«, sagt er, »komm endlich mit.«

»Ich guck erst mal zu.« Jonas stellt sich dahin, wo er die Kinder sehen kann, die am Ende der Rutsche ins Wasser plumpsen. Alle Kinder quietschen, bevor sie in das Becken fallen. Als Martin unten angekommen ist, geht er zu Jonas und zieht ihn einfach mit. Weiterlesen

Hannas schönstes Weihnachtsgeschenk

Hannas schönstes Weihnachtsgeschenk

Die Weihnachtsferien sind vorüber. Die Kinder sitzen am ersten Kindergartentag mit Tante Martina im Sesselkreis. „Was war denn euer schönstes Weihnachtsgeschenk?“, fragt sie.
„Ich habe einen Gameboy bekommen und sieben Spiele dazu!“, schreit Andreas sofort.
Auch Michael kann es kaum mehr erwarten: „Eine Ritterburg mit einem richtigen Burgverlies und Kanonen, die echt schießen.“
„Eine neue Barbie“, sagt Katharina und hält die Puppe hoch, damit sie alle sehen können. „Und ein neues Barbiehaus.“
„Ich auch!“ „Ich auch!“ fallen Vanessa und Julia ein. Weiterlesen

Die Sache mit der Tradition (Mama streikt)

 Die Sache mit der Tradition

Das hat keiner voraussehen können! Ganz ehrlich! Keiner hätte es für möglich gehalten, dass Mama ernst macht und streikt.

Dabei hat alles ganz harmlos angefangen, am Nachmittag des ersten Adventsonntags. Mama stellte eben eine Liste zusammen, wem sie dieses Jahr zu Weihnachten schreiben wollte. Papa frönte seinem Hobby und kochte. Mimo, mein kleiner Bruder, malte einen Brief. Streng geheim, wie er betonte. Sagte sich aber den Text halblaut vor: Liebes Christkind … Und ich spielte ein paar Weihnachtslieder auf dem Klavier, weil Oma jeden Augenblick aufkreuzen würde und dann eine kleine Adventfeier fällig war. Aber dann …

*

»Wo ist eigentlich Boris?«, fragt Mimo unvermittelt.

»Das Faultier schläft«, sagt Mama. Sie klingt recht sauer. Boris ist unser großer Bruder, knapp 17, ziemlich ausgeflippt und im ständigen Clinch mit den Eltern. Am meisten stoßen sie sich an seinem Hang zu schrägen Frisuren. Irokesenschnitt im Sommer, Rastalocken im Herbst. Und jetzt: Glatze.

Da kommt er auch schon zur Tür herein. Zaundürr und bleich. Klagt über einen Brummschädel und bittet Mama um ein Aspirin.

»Armer Boris!«, sagt Mimo mitleidig, klettert vom Stuhl und führt Boris wie einen Schwerkranken zum Sofa. »Mach dir’s bequemlich!« Mimo vergöttert Boris und würde alles tun, um sein Leid zu lindern. Auch wenn Boris ihm seinen neuen Namen verpasst hat. Mimo. Abkürzung für Mini-Monster. Weiterlesen

Das Weihnachtswunderland

Das Weihnachtswunderland

»Wie lange noch?«, fragte Laura und öffnete das fünfte Türchen ihres Adventskalenders. Auf dem Bild war ein Kamel zu sehen. Laura lächelte und schlüpfte in ihr Bett.
»Wie oft muss ich noch schlafen?«, fragte Laura und kuschelte sich in ihre Kissen.
»Bis es Weihnachten ist, musst du noch neunzehn Mal schlafen«, sagte Lauras Mutter.
»Was?«, schrie Laura. »So lange kann ich nicht warten.«
Lauras Mutter lachte.
»Warte mal ab«, sagte sie. »Ich erzähle dir eine Geschichte, dann vergeht die Zeit wie von selbst.«
Und Lauras Mutter begann zu erzählen.

Es war einmal ein Mädchen, das hieß Laura. Laura konnte nicht gut warten. Eines Tages schlenderte Laura mit ihrem Vater, dem Piloten, über den Weihnachtsmarkt. Es roch nach warmen Mandeln und Popcorn. Ein Mann hauchte seine Hände warm und schrie dabei: »Leckere Maroni. Kaufen Sie Maroni.« Laura knabberte an einem Riesenballen Zuckerwatte und hatte davon einen ganz klebrigen Mund. Am Anfang einer kleinen Gasse entdeckte sie ein Schild, auf das Kamele auf einem Karussell gemalt waren. »Zum Weihnachtswunderland« war auf dem Schild zu lesen.

Sofort lief Laura auf das Karussell zu, das genau vor einem McDonald’s aufgebaut war. Weiterlesen

Als die Großmutter mit dem Nikolaus sprach

 Als die Großmutter mit dem Nikolaus sprach

Ich erzähle eine wahre Geschichte aus meiner Kinderzeit: vom Nikolaus und von der Großmutter.

Die Großmutter war klein und zart, und sie kam mir uralt vor. Das lag nicht an ihren Runzeln oder ihrem Haar mit den weißen Strähnen. Es waren die Kleider, die sie trug: immer dunkel und ganz altmodisch geschnitten. Sie hatte auch stets eine schwarze Schürze umgebunden, sogar sonntags. Die Schürze vom Sonntag war aus Seide, und sie knisterte.

Jedes Jahr Anfang Dezember kam die Großmutter angereist. Sie blieb den Winter über bei uns in der Stadt. Wenn Großmutter kam, begann für mich die Weihnachtszeit. Weiterlesen

Das Mädchen, das dem Donner half

Das Mädchen, das dem Donner half

Märchen der Muskogee (Nordamerika)

Vor langer, langer Zeit lebte einmal ein junges Mädchen mit Namen Tapferes Herz, das die Kunst der Jagd beherrschte. Jedes Mal, wenn ihre Brüder auf die Jagd gingen, war sie ihnen auf den Fersen gefolgt, und jeder Versuch, sie wieder nach Hause zu schicken, war vergebens. Sie hatte ihre Brüder genau beobachtet, ahmte ihre Bewegungen nach, und bald schon war sie zu einer ausgezeichneten Bogenschützin geworden, die sicher mit Pfeil und Bogen umging.

Während der Sommermonate lebte ihr Stamm von den Fischen aus den Flüssen, die durch ihr Gebiet flossen, sowie von dem Mais, den Bohnen und den Kürbissen, die in den Tälern wuchsen. Doch wenn der Winter kam, waren die Menschen auf das Fleisch von Waschbären und Hirschen angewiesen, um sich zu ernähren. Jedes Jahr wartete Tapferes Herz sehnsüchtig darauf, dass die Jagdzeit beginnen möge. Weiterlesen

Die Schöne und das Biest

Die Schöne und das Biest – PDF herunterladen

Es war einmal ein Kaufmann, der hatte drei Söhne und drei Töchter. Der Vater liebte seine jüngste Tochter ganz besonders, denn sie hatte ein freundliches und kluges Wesen. Weil sie so hübsch war, wurde sie überall >die Schöne< genannt. Wie die Geschwister miteinander heranwuchsen, wurden die älteren Schwestern immer neidischer auf die jüngste und verspotteten sie bei jeder Gelegenheit, denn es ärgerte sie, dass die Schöne die Aufmerksamkeit der reichsten und hübschesten jungen Männer auf sich zog. Diese wurden allerdings alle höflich, aber bestimmt abgewiesen, und die Schöne sagte jedes Mal, dass sie noch nicht bereit sei, ihren Vater zu verlassen. Weiterlesen

Wenn der Mond sprechen könnte

Irgendwo liegt ein Paar Schuhe unter einem Stuhl. Ein Fenster steht offen. Das Mondlicht wirft Spuren auf die Wand. Wenn der mond sprechen könnte…

… würde er von der Nacht erzählen, die sich in den Wäldern schleicht, und von einer Eidechse, die zum Abendbrot nach Hause flitzt.

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Ein hartes Leben

Ein hartes Leben

Wolfgang L. war zehn, als in der Schule eines Tages bemerkt wurde, dass er gehbehindert ist. Am 13. Oktober 1940 ist er geboren. Es war also kurz nach dem Krieg, als diese merkwürdige Entdeckung gemacht wurde. Er konnte sich nicht vorstellen, wie es ist, wenn man behindert ist. Es gab so wenige. Nur manchmal sah er einen jungen Mann, in Decken verpackt, in seinem Behindertenstuhl irgendwo im Schatten sitzen und kleine Bilder malen.

Später erfuhr Wolfgang L., dass dieser Behinderte während des Krieges versteckt gehalten wurde. Deshalb hatte man ihn nicht vergast. Er hieß Josef Steinle. Aber wenn die Leute von ihm redeten, dann sagten sie nur: „Das Josefle“. Weiterlesen

Das Bäumchen des Lebens

Das Bäumchen des Lebens

In der Rossstraße, gegenüber dem Altenheim, in dem meine Mutter lebte, war hinter einer niedrigen, mit Dachziegeln schräg gedeckten Mauer mit einem Gittertürchen ein kleiner Garten, der den Insassen des Heims, aber auch vorübergehenden Fremden offen stand, wenn sie auf einer der dort stehenden Bänke eine Ruhepause machen wollten. Der Garten war ein spitzwinkliges Dreieck, dessen Längsseiten von zwei hohen Brandmauern begrenzt wurden, während seine Schmalseite zur Straße hin lag. An den unverputzten Brandmauern kletterte Efeu in die Höhe und suchte das Rostbraun der verwitterten Backsteine zu verdecken, was ihm bis zur Höhe des zweiten Stockwerks gelungen war. Am Fuß der Mauern standen einige Bänke, von wo man auf die inmitten des dreieckigen Gartens liegende Rasenfläche blickte, die nur des Nachmittags und auch dann nur für kurze Zeit im warmen Sonnenlicht lag und ansonsten in einer unfreundlich wirkenden düsteren Schattenkühle. Das Grundstück war wegen der Form seiner Fläche unbebaubar, also wertlos, und deshalb hatte der fromme Eigentümer es dem Edmund-Hilvert-Haus geschenkt, damit dessen Bewohner es als eine Art Oase in der Steinwüste nutzen konnten. Weiterlesen

Der Weihnachtsweg

Dass es Großmütter gibt, ist keine Neuigkeit. Der eine nennt sie Oma, der zweite vielleicht Großmama, der dritte Großmutter oder überhaupt ganz anders. Joachim und Christine sagen „Ahnei“ zu ihrer Großmutter. Das hält man so schon seit über hundert Jahren in der Familie, dass eine Großmutter immer „Ahnei“ genannt wird. Außerdem liegt es an der Gegend, in der viele Leute zu ihren Großmüttern „Ahnei“ sagen.
Diese Ahnei ist schon so alt, dass sie kaum noch etwas sieht. Dafür kann sie kommandieren wie ein General und erzählen wie ein weitgereister Matrose. Kein Wunder, denn Ahneis Großvater fuhr vor über hundert Jahren als Kapitän zur See und brachte immer ganze Schiffsladungen voll Geschichten mit nach Hause. Einmal soll er sogar Napoleon an Bord gehabt haben, den Kaiser der Franzosen.
Besonders schön kann Ahnei in der Jahreszeit erzählen, in der die Tage kürzer werden und alles auf Weihnachten zugeht, die Natur wie der Mensch. Und am besten erzählt sie an den Adventssonntagen. Es ist immer unterhaltsam bei Ahnei, doch nie ist es so schön wie am ersten Advent. Christine und Joachim besuchen sie dann, und alle drei trinken Kakao und kosten die ersten Pfeffernüsse. Kaum haben die Kinder sich gestärkt, fängt Ahnei schon an zu befehlen. Das tut sie jedes Jahr am ersten Advent, und die beiden wissen längst, was Ahnei jetzt will: „Es hat euch geschmeckt? Also ran an die Arbeit!“
„Aber Ahnei“, sagt Joachim, „das ist doch keine Arbeit, sondern ein Vergnügen!“ Weiterlesen

Ein Fall für die Notbremse – Eine ganz andere Weihnachtsgeschichte

Ein Fall für die Notbremse

Eine ganz andere Weihnachtsgeschichte

Eine junge Frau, in ihr Umschlagtuch gehüllt. Auf ihrem Schoß ein notdürftig gewindelter Säugling. Hinter Frau und Kind ein Mann, dessen bärtiges Antlitz von Staunen, Freude und Sorge gleichzeitig geprägt ist.

Ja, auf diese Gruppe ist unser Gefühl gedrillt. Da wissen wir Bescheid. Da lassen wir uns anrühren. In diesen Tagen.

Aber bitte: Carlotta Veduto war nicht schlank und jung, sondern hatte eher jene matronenhaft rundliche Würde, wie sie Mütter vielköpfiger Familien oft besitzen. Und Massimo Veduto, ihr Mann hatte keinen Vollbart im vertrauenerweckenden Gesicht, sondern nur eine Menjou-Fliege unter der kantig vorspringenden Nase, die der Physiognomie Massimos etwas Gerissenes gab. Und da war nicht ein lächelnder, gescheit dreinblickender Säugling, sondern ein Gewimmel von sieben Kindern, deren Gesichter jetzt dösig und schlafbedürftig aussahen. Da weiß man Bescheid, wenn so was auf einem Bahnsteig sitzt und lamentiert, ein paar Pappkoffer und verschnürte Kleiderbalien um sich herum: Gastarbeiter mit Anhang. Da braucht man im Schneetreiben keinen zweiten Blick zu riskieren; schon der erste ist verschwendete Anstrengung. Weiterlesen

Neid ist grau mit gelben Punkten

Wenn sie sehr ehrlich ist, muss Anita vor sich selbst zugeben, dass sie neidisch auf die jüngere Schwester ist, der alles so viel leichter fällt: das Lernen, das Gutsein, das Liebhaben und das Sichfreuen. Mareike sieht nett aus, sie hat herrlich-verrückte Einfälle, über die alle Erwachsenen sich amüsieren. Anita ist nicht so. Mühsam muss sie sich das Wissen und die Sympathie ihrer Umwelt erobern. Dabei wäre sie so gern einmal der fröhliche Mittelpunkt.

Nun zählt sie die Tage bis zu ihrem Geburtstag. Da wird sie Glückwünsche und Geschenke in Empfang nehmen, es werden Freundinnen kommen, Briefe wird sie auch erhalten, sie allein.

Aber kurz vor dem großen Tag sagt Mutter nachdenklich zu Anita: Weiterlesen

Ines – Eine Geschichte aus Mittelamerika

Ines

Eine Geschichte aus Mittelamerika

Die Stadt heißt Marcala. Mar-ca-la, ein Name, so schön wie die roten Gladiolen, die hier wild auf den Wiesen wachsen.

Aber das Haus, in dem ich sitze, ist außen grau und innen grau, weil es aus Lehmziegeln gebaut ist. Die Ziegel sind nicht verputzt. Das Haus hat eine Brettertür und hölzerne Fensterläden. Wenn man sie zumacht, wird es ganz finster. Ich lege den Kopf zurück und sehe den Himmel in hellblauen Fäden durch das Dach leuchten. »Da wird es durchtropfen, wenn es regnet!« denke ich. »Dann wird der Lehmboden glitschig sein und das Bett und die ganze Einrichtung nass.« Die Einrichtung: ein Bett für die ganze Familie, ein Stuhl, zwei Schemel, eine Bank, ein paar Nägel an der Wand, an denen Kleider hängen.

Heute scheint die Sonne. Es ist Mitte August, da macht die Regenzeit in Honduras eine Pause. »Das ist der kleine Sommer!« sagen die Leute. Weiterlesen

Das Schaf, das nicht über den Zaun springen wollte

Das Schaf, das nicht über den Zaun springen wollte

Eines Abends konnte die kleine Hannah nicht einschlafen. Sie drehte sich hin und her, aber nichts half. Schließlich rief sie laut nach ihrer Mama. Die setzte sich zu ihr und sagte: „Nicht einschlafen zu können ist gar nicht schlimm. In so einem Fall sollte man Schlaf-Schafe zählen.“

„Schlaf-Schafe?“, fragte Hannah verwundert. „Schlaf-Schafe wohnen auf der Schlummerwiese“, erklärte Mama, „und die ist auf Traumsand gewachsen. Dort steht ein sehr langer Zaun. Und immer, wenn ein Schaf darüberspringt, wirbelt es etwas Traumsand hoch. Dieser Sand macht müde und so kommt es, dass man beim Schlaf-Schafe-Zählen einschläft.“ Weiterlesen

Dr. Rabe

Dr. Rabe

Dr. Rabe hatte an diesen feuchtkalten, windigen Herbsttagen viel zu tun.

Viele Bewohner des Landstrichs waren krank geworden. Dr. Rabe eilte den ganzen Tag und oft bis in die Nacht hinein von Patient zu Patient, verteilte seine Arzneien und gab nützliche Ratschläge. Die Eule litt unter Kopfschmerzen, der alte Igel hatte in seiner feuchten Laubhöhle einen starken Husten bekommen, das Wildschwein klagte über Kreuzschmerzen und der Hase hatte Ohrensausen. Es hatte den Anschein, als ob sämtliche Bewohner des Landes krank geworden seien. Aber Dr. Rabe Weiterlesen

Das Findelkind – Erwin Moser

Das Findelkind

Als eines Morgens Otfried und Zita, die beiden Fischerkatzen, ihr Häuschen verlassen wollten, erlebten sie eine riesige Überraschung! Jemand hatte einen Korb mit einem kleinen Elefantenkind vor ihrer Haustür abgestellt! Einige Sekunden lang waren die beiden Katzen sprachlos. Da wachte der kleine Elefant auf und begann zu weinen. Weiterlesen

Die Weihnachtsschlacht

Die Weihnachtsschlacht PDF herunterladen

„Nur noch sechs Tage“, stellt Nelly fest. Sie spitzt die Lippen und versucht, „Oh du fröhliche“ zu pfeifen.

„Noch sechs Tage“, wiederholt die Mutter nachdenklich. Sie sagt es nicht fröhlich, nach einer Pause schickt sie den Seufzer nach: „Wenn nur alles schon vorüber wäre!“ Nellys Pfeifton bleibt jäh in der Luft hängen. Entgeistert schaut sie ihre Mutter an.

„Freust du dich denn nicht?“

„Schon. Aber der ganze Rummel hängt mir zum Hals heraus.“

Am Nachmittag hat Nelly frei, sie fährt mit einer Freundin Schlittschuh und gegen Abend geht sie in den großen Selbstbedienungsladen, wo die Mutter arbeitet. Da geht es zu wie in einem Bienenhaus. Die Mutter sitzt auf einem Drehsessel vor einer der sechs Kassen. Die Waren kommen auf einem Förderband auf sie zu, und während ihre rechte Hand auf den Zahlentasten liegt und tippt, dreht die linke die Waren so, dass sie die Preise ablesen kann, und legt dann ein Ding nach dem andern in einen Gitterwagen. Wenn alles getippt ist, drückt die rechte Hand die Additionstaste und reißt den Kassenstreifen ab, die linke Hand stößt den gefüllten Wagen weg, zieht den leeren zur Kasse. Weiterlesen

Der Kahlkopf

»Nimm doch nicht immer die dreckige Puppe mit ins Bett«, sagte die Mutter zu Evi.

»Meine Anita«, sagte Evi, »ist keine dreckige Puppe. Meine Anita ist lieb.«

»Aber sie ist wirklich unappetitlich«, sagte die Mutter. »Schau dir doch das Gesicht an und die Haare!«

Wenn man die Puppe Anita betrachtete, einfach nur so, ohne sie lieb zu haben, musste man es zugeben: Schön war sie nicht. Ihre Backen waren vom vielen Waschen und Abküssen grau und löchrig geworden. Sie hatte keine richtige Nase mehr, nur einen schmutzigen Knubbel, und von ihrem braunen Haar war gerade noch ein spärlicher Rest übrig geblieben. Weiterlesen