Die Sache mit der Tradition
Das hat keiner voraussehen können! Ganz ehrlich! Keiner hätte es für möglich gehalten, dass Mama ernst macht und streikt.
Dabei hat alles ganz harmlos angefangen, am Nachmittag des ersten Adventsonntags. Mama stellte eben eine Liste zusammen, wem sie dieses Jahr zu Weihnachten schreiben wollte. Papa frönte seinem Hobby und kochte. Mimo, mein kleiner Bruder, malte einen Brief. Streng geheim, wie er betonte. Sagte sich aber den Text halblaut vor: Liebes Christkind … Und ich spielte ein paar Weihnachtslieder auf dem Klavier, weil Oma jeden Augenblick aufkreuzen würde und dann eine kleine Adventfeier fällig war. Aber dann …
*
»Wo ist eigentlich Boris?«, fragt Mimo unvermittelt.
»Das Faultier schläft«, sagt Mama. Sie klingt recht sauer. Boris ist unser großer Bruder, knapp 17, ziemlich ausgeflippt und im ständigen Clinch mit den Eltern. Am meisten stoßen sie sich an seinem Hang zu schrägen Frisuren. Irokesenschnitt im Sommer, Rastalocken im Herbst. Und jetzt: Glatze.
Da kommt er auch schon zur Tür herein. Zaundürr und bleich. Klagt über einen Brummschädel und bittet Mama um ein Aspirin.
»Armer Boris!«, sagt Mimo mitleidig, klettert vom Stuhl und führt Boris wie einen Schwerkranken zum Sofa. »Mach dir’s bequemlich!« Mimo vergöttert Boris und würde alles tun, um sein Leid zu lindern. Auch wenn Boris ihm seinen neuen Namen verpasst hat. Mimo. Abkürzung für Mini-Monster. Weiterlesen →
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