Archiv der Kategorie: Aufmerksamkeit

Ich wünsche mir

Ich wünsche mir, ich könnte mir eine eigene Welt schaffen…

Wo Frauen ihren Träumen nachjagen, statt hoffnungslosen Beziehungen, um ihren eigenen Wert zu beweisen.

Wo Frauen wegen ihrer Intelligenz geliebt werden und nicht für die Weite ihrer Taille.

Wo Frauen nach ihrem Denken und nicht nach der Wahl ihrer Kleidung beurteilt werden.

Wo Frauen nicht sexualisiert werden, sondern respektiert und viel mehr geschätzt werden.

Ich wünsche, ich könnte eine eigene Welt schaffen wo Frauen sich retten können und Schlösser aus den ihnen zugeworfenen Steinen bauen.

Samiha Totanji

Peter und Luna

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Peter und Luna A4 PDF

Peter bedeutete Stein, aber er hatte den Kopf ständig in den Wolken.

Luna bedeutete Mond, aber sie sah aus wie ein Stein.

Seit er in einem Buch gelesen hatte, dass der Mond ein großer Stein war, der am Himmel schwebt, war Peter wie verzaubert. Weiterlesen

Ein Zuhause für Charley

Ein Zuhause für Charley – PDF herunterladen

An jenem Abend schneite es und Charley wollte, dass ich ihn den Arm nehme.

Darum trug ich ihn den ganzen Heimweg.

Ich hatte ihn in meine alte, weiche, blaue Babydecke gewickelt. Er war neu bei uns und ich passte genau auf, wo ich hintrat, damit ich nicht im Schnee ausrutschte. Gleichzeitig dachte ich über den Namen nach, den ich für ihn ausgesucht hatte. Charley. Charley Andersen. Ich heiße Henry. Henry Andersen.

»Hier ist dein Zuhause«, erklärte ich Charley bei unserer Ankunft und zeigte ihm alle Zimmer, auch mein eigenes.

Ich zeigte ihm mein Bett und den Platz, an dem meine Mutter die Geschenke am Tag vor meinem Geburtstag versteckt. »Dies ist dein Zuhause, Charley.« Das wiederholte ich mehrmals, damit Charley wusste, dass er daheim war.

Meine Mama und mein Papa sagten klipp und klar, wer mit Charley Gassi gehen würde. (Dafür sei ich zuständig, sagten sie, und ich konnte es kaum erwarten, mit Charley tagein, tagaus Gassi zu gehen.) Sie sagten klipp und klar, wer ihn füttern würde. (Dafür sei ich zuständig, sagten sie, und ich konnte es kaum erwarten, Charley tagein, tagaus Gassi zu füttern.)

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Amy Hest

Havermanns Baumkuchen

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Havermanns Baumkuchen

Mitte der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts arbeitete ich in einer kleinen Konditorei in einer großen Stadt.

lch war einer von drei angestellten Konditoren. Besonders in der Vorweihnachtszeit konnten wir uns über ausreichende Beschäftigung nicht beklagen. Unser Arbeitstag hatte oft zwölf Stunden, und unser Chef, kurz vor der Rente stehend, ein ausgewiesener Fachmann, groß gewachsen und noch mit einer athletischen Figur ausgestattet, organisierte professionell den Arbeitsablauf. An die Zeitabläufe gebunden, leisteten wir Tag für Tag unser Pensum mit Achtung und Distanz zu unserem Chef und Inhaber der Konditorei. Meine Arbeit bestand darin, in dieser Vorweihnachtszeit die bestellten Baumkuchen auf der sich drehenden Walze der Baumkuchenmaschine Schicht für Schicht zu backen und die ausgekühlten Baumkuchenringe des Vortages je nach Bestellung in bestimmter Größe nach Anzahl der Ringe mit temperierter Kuvertüre (helle, dunkle) und mit weißem Fondant (diese Ringe wurden vorher mit kochender Aprikosenmarmelade bestrichen) zu überziehen. Weiterlesen

Du kannst es doch

Immer, wenn Tina in der Schule etwas vorlesen sollte, bekam sie es mit der Angst. Dabei hatte sie diesmal zu Hause wirklich geübt. Ihre Mutter hatte gesagt: „Du musst üben, Kind!“ Und da hatte Tina sich hingesetzt und die ganze Geschichte gelesen, erst leise, dann laut: „Eine Stadtmaus ging spazieren und kam zu einer Feldmaus. Die legte ihr zu essen vor, was sie nur konnte…“ Weiterlesen

Das Geschenk fürs Christkind

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Das Geschenk fürs Christkind A4

Miriam wusste, was sie wollte. Sie wünschte sich von ganzem Herzen, dass sie größer wäre und nicht erst vier.
Malakai, ihr großer Bruder, der war wichtig, richtig wichtig — rund ums Gasthaus in Betlehem. Der durfte Dinge tun, von denen Miriam nur träumen konnte. Sie dagegen hörte immerzu die Worte: »Miriam, lass es, dafür bist du noch zu klein!«
Sie sah die vielen Leute. Seit Wochen kamen sie nach Betlehem, um sich einzutragen, in die Bücherrollen, denn alle — ALLE — wurden sie gezählt. Weiterlesen

Mich freut nichts mehr…  und was freut dich? – Theaterstück

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Mich freut nichts mehr – Lene Mayer-Skumanz PDF

1. Szene

(In der Küche. Geschirrklappern. Vergnügte Mutter, die summt oder pfeift, Türe, Schritte)
JAKOB: Mutti, da bin ich schon. Und einen Hunger hab ich!
MUTTER: Fein, Jakob. Ich bin grad beim Schmalzbrotstreichen.
JAKOB: Die Kathi ist auch heraufgekommen. Sie hat auch Hunger. Ich hab ihr nämlich gesagt, dass du frisches Grammelschmalz gekauft hast.
MUTTER: Ja, wo steckst du denn, Kathi? Herein mit dir!
KATHI: Grüß Gott, Frau Mitterhöfer!
MUTTER: Servus, Kathi, komm nur, setzt euch. Tee mit Orangensaft?
KATHI: Bitte!
JAKOB: Wart, Kathi, ich schenk dir ein. (Geschirr)
KATHI: Nicht schlecht, so ein Grammelschmalzbrot. Weiterlesen

Der kleine Igel und die rote Mütze – Slideshare

Der kleine Igel und die rote Mütze – PDF

Eiskalt pfiff der Wind über das verschneite Tal und wirbelte die Blätterdecke auf, unter der sich der kleine Igel eingekuschelt hatte.

Nun erwachte er aus seinem tiefen Winterschlaf und fror erbärmlich. Ihm war so kalt, dass er nicht wieder einschlafen konnte.

Doch plötzlich fiel etwas vom Himmel …

PLUMPS

… und landete direkt vor den Pfötchen des kleinen Igels. Es war ein bunt eingewickeltes Päckchen. Auf dem Anhänger stand:

Für den kleinen Igel, in Liebe, vom Weihnachtsmann

Aufgeregt und doch ganz vorsichtig öffnete der kleine Igel das Päckchen. Was war das?

Wir verstehen uns blind

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An diesem Einkaufssamstag waren besonders viele Leute in die Fußgängerzone gekommen.

»Winterschlusverkauf! Alles um die Hälfte billiger!«, rief der Verkäufer und alle stürzten sich auf die Kleiderständer vor dem Geschäft.

»Winterschuhe fast geschenkt!«, rief der Schuhverkäufer auf der anderen Straßenseite. Weiterlesen

Morgen Früh am Weihnachtstag – Pearl S. Buck

 

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Rob liebte seinen Vater, aber erst ein paar Tage später wurde ihm bewusst wie sehr, als er ihn kurz vor Weihnachten mit seiner Mutter sprechen hörte:ob war fünfzehn und lebte auf einem Bauernhof. Jeden Morgen schleppte er sich um 4 Uhr Morgens mühsam aus dem Bett, um zu helfen, die Kühe zu melken. Manchmal dachte er, dass die Aufgabe einfach viel zu groß für ihn war. Weiterlesen

Die lange Reise nach Hause – Wilhelm Meissel

Leo mochte nicht mehr nach Hause gehen. Zu Hause war es öde. Vater kam auch nicht mehr. Er wohnte jetzt woanders. Das hatte besondere Gründe: Vater hatte sich scheiden lassen.

Scheiden tut weh, heißt es in einem Lied. Wenn Leo seinen Vater betrachtete, den er einmal im Monat sah, war nichts von Weh in seinem Gesicht. Davon war schon mehr im Gesicht seiner Mutter zu sehen. Warum eigentlich? Sie bekam doch Geld und die Kinderbeihilfe von Vater. Trotzdem war sie unglaublich geizig mit dem Taschengeld. Weiterlesen

Fremder Mann – Waltraud Zehner

Fremder Mann 

Waltraud Zehner

Einmal im Monat kommt mein Vater,
holt mich ab, wir gehen in den Zoo.
Er kauft mir Schoko und Cola und Tierfutter
und denkt, ich bin froh.
Bei den Affen bleiben wir lange stehn.
Mein Vater schaut auf die Uhr:
Wir sollten jetzt weitergehn.
Im Gasthaus krieg ich wie immer Pizza und Eis.
Wie geht‘s in der Schule, fragt er,
hier hast du zehn Mark für Fleiß.
Einen Sonntag im Monat hat mein Vater Zeit,
einen ganzen Tag lang sind wir zu zweit,
manchmal kommt er mir vor wie ein fremder Mann,
und ich trau mich nicht zu sagen,
dass ich die Mathe nicht kann.
 

Hans-Joachim Gelberg (Hrsg.): Die Erde ist mein Haus – Jahrbuch der Kinderliteratur.
Weinheim: Beltz&Gelberg 1988

Weihnachtswunder – auf der Intensivstation

Weihnachtswunder

Holger Wittschen

 Leon stand vor seinem Kleiderschrank und konnte sich nicht entscheiden, ob er das grün-weiße Trikot von Werder Bremen oder das weinrote von Arsenal London anziehen sollte. Schließlich griff er das neue Brasilientrikot mit Ronaldinho auf dem Rücken. Dazu eine blaue Trainingshose und passende Stutzen. Stolz betrachtete er sich vor seinem Zimmerspiegel, und Ballack, Klose und die gesamte deutsche Nationalmannschaft guckten ihm von Postern an seinen Zimmerwänden zu. Fußballer zu sein war wirklich das Größte. Weiterlesen

Klingt meine Linde – Astrid Lindgren

Vor langer Zeit, in den Tagen der Armut, da gab es noch Armenhäuser im ganzen Land, in jedem Kirchspiel eins. Dort wohnten die Ärmsten der Armen, die Alten und Gebrechlichen, die nicht mehr arbeiten konnten, die Hungerleider und Kranken und Bresthaften, die närrischen Tröpfe und die Waisenkinder, die niemand in Pflege nehmen wollte. Sie alle brachte man zur Statte der Seufzer, die das Spittel war.

Auch im Kirchspiel Norka gab es eins, und dorthin kam Malin, als sie acht Jahre alt war. Weiterlesen

Das Wutspiel

Das Wutspiel

»Heute machen wir etwas ganz Besonderes«, sagt Frau Sommer, »wir spielen das Wutspiel.«

Sofort schreit Katharina: »Das kann Jan bestimmt total gut, der kann uns das allen vormachen.«

Jan legt die Hände vors Gesicht und dreht sich weg. Frau Sommer guckt Katharina lange an und sagt: »Du, Katharina, du kannst das sicher auch gut. Und ich fände es besser, wenn wir nicht auf jemand anderen zeigen. Wir alle spielen Wut!«

»Und wie geht das?«, will Timo wissen. Weiterlesen

Mein Opa kann ganz schön anstrengend sein

Seit meine Oma gestorben ist, wohnt mein Opa ganz allein in der Wohnung unter uns. Er versorgt sich morgens und abends selbst. Zum Mittagessen kommt er immer zu uns herauf. Meine Mutter besorgt ihm auch die Wäsche, und sie hält seine Wohnung in Ordnung.

Wenn der Opa zum Essen kommt, stöhnen meine Eltern immer ein bisschen. Er hört nämlich sehr schlecht, weigert sich aber, sein Hörgerät zu tragen. Er sagt, dass er dann ganz genau sein eigenes Kauen hört und dass ihm das gar keinen Spaß macht. Dafür hören wir es alle umso deutlicher. Aber keiner von uns würde das jemals dem Opa sagen.

Wenn ich aus der Schule komme und beim Mittagessen meiner Mutter etwas erzählen möchte, dann komme ich nicht dazu. Der Opa erzählt nämlich ständig und immer dasselbe. Er erzählt von früher und vor allem von seinem Auto. Immer wieder das gleiche. Weiterlesen

Nein, mit Fremden geh ich nicht!

Nein, mit Fremden geh ich nicht!

Lia findet, dass dieser Morgen gar nicht gut anfängt. Tim, ihr großer Bruder, zerrt an ihren Haaren — nur so zum Spaß.

Aber Lia kann das gar nicht leiden.

»Lass das!«, schimpft sie. Da zieht er noch fester.

Jetzt wird Lia aber richtig wütend und beißt Tim ganz fest in die Hand.

»Mamaaa!«, schreit Tim. Und dann ist Mama sauer auf Lia!

»Du magst Tim viel lieber als mich!«, heult Lia.

Auch im Kindergarten ist heute alles verkehrt.

Lias Lieblings-Kindergärtnerin ist krank. Und Anne, Lias beste Freundin, ist ganz komisch. Als Lia fragt: »Wollen wir Seilhüpfen?«, schüttelt sie nur den Kopf und fängt an zu weinen. Und dann bekommt Anne auch noch lauter rote Punkte auf der Haut. Darum holt ihre Mama sie ganz schnell ab und Lia muss alleine Seil hüpfen.

Erst als der Kindergarten aus ist, fällt Lia ein, dass sie nun mit niemandem heimfahren kann. Weiterlesen

Auf dem Faschingsfest

fas„Warum heulst du, Susi?“ fragt Jakob.

„Weil die Kathi grauslich zu mir war“, schluchzt Susi.

Ihre kleine Krone aus Goldpapier sitzt schief auf ihrem Haar. Die Wimperntusche ist von den Wimpern auf die Wangen geflossen, und ihre Augen sind vom Weinen rot.

Du bist manchmal auch grauslich zu Katharina, will Jakob sagen. Aber er überlegt es sich und fragt: „Was hat die Kathi dir denn getan?“ Weiterlesen

klassenlos

klassenlos

im lärm von
drei dutzend spatzen
ein einziger
buchfink

dass der sich
nicht schämt

Werner Dürrson

Karlhans Frank (Hrsg.) : Menschen sind Menschen. Überall. – P.E.N.-Autoren schreiben gegen Gewalt
München, C. Bertelsmann Taschenbuch, 2002

P.E.N. steht für »Poets, Essayists, Novelists«. Es ist kein gewöhnlicher Verein, in dem jeder Mitglied werden kann. Wer in den P.E.N. aufgenommen werden will, kann sich nicht selbst bewerben. Er muss vorgeschlagen und zugewählt werden, muss nicht nur als Autor anerkannt sein, sondern auch gegen Militarismus, Rassenhetze und Völkerhass sein, sich nachweislich für Frieden und Menschenrechte einsetzen. Es ist eine literarische Ehrung, Mitglied des P.E.N. zu werden. Weiterlesen

Vitamine für Herrn Sanduhr – 20. Dezember

»Wie lange noch?«, fragte Laura und öffnete das zwanzigste Türchen ihres Adventskalenders. Auf dem Bild war eine Apfelsine zu sehen. Laura lächelte und schlüpfte in ihr Bett.
»Wie oft muss ich noch schlafen?«, fragte Laura und kuschelte sich in ihre Kissen.
»Bis es Weihnachten ist, musst du noch viermal schlafen«, sagte Lauras Mutter.
»Was?«, schrie Laura. »So lange kann ich nicht warten.«
Lauras Mutter lachte.
»Warte mal ab«, sagte sie. »Ich erzähle dir eine Geschichte, dann vergeht die Zeit wie von selbst.«
Und Lauras Mutter begann zu erzählen.

Es war einmal ein Mädchen, das hieß Laura. Laura konnte nicht gut warten. Eines Tages besuchte sie Herrn Sanduhr. Ich kann doch nicht warten, bis Herr Sanduhr von alleine wieder gesund wird, dachte Laura. Ich werde ihm dabei helfen.

Herr Sanduhr war Flugkapitän wie ihr Vater und krank. Er lag mit einer dicken Grippe im Bett, hustete dauernd und die Nase lief ihm wie ein Wasserhahn. Weil Herr Sanduhr krank geworden war und keine Flugzeuge fliegen konnte, sollte Lauras Vater Heiligabend arbeiten, und das passte Laura überhaupt nicht. Sie wollte Herrn Sanduhr besuchen und ihm helfen. Weiterlesen

Jakob malt ein Weihnachtsbild

beautiful-Jakob zeichnet und malt für Weihnachten.
Tante Helli wünscht sich ein Kripperl mit Jesuskind, Esel und Ochs.
Onkel Fritz wünscht sich Hirten auf dem Weg nach Betlehem.
Die Omama hätte gern einen Engel, der freundlich dreinschaut und „Fürchtet euch nicht“ sagt.
Jakob zeichnet eine Sprechblase vor den Mund des Engels und schreibt: Weiterlesen

Advent – Lene Mayer-Skumanz

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„Jakob“, sagt die Mutter. „Bitte gib den Brief für mich auf.“

„Ich mag jetzt nicht“, sagt Jakob.

Er malt Holzfiguren an: ein Glocke, einen Engel, einen Stern. Die will er zu Weihnachten auf den Christbaum hängen.

„Mutti“, ruft Jakob, „bitte wasch mir den Pinsel aus.“

Die Mutter wäscht den Pinsel aus.

Da fällt Jakob der Brief ein. Weiterlesen

Weise Affen? – Karlhans Frank

Weise Affen?

Auf der Theke meiner Dorfkneipe steht eine kleine Skulptur. Sie zeigt drei Affen — einer verdeckt mit den Händen seine Augen, der zweite seine Ohren, der dritte hält sich den Mund zu. Das ist ein bekanntes Bild, und der Wirt will damit signalisieren, dass er nicht hinsieht, wenn beispielsweise ein Liebespaar knutscht, nicht hinhört, wenn ein Betrunkener über seinen Chef Schimpfworte lallt, niemandem sagt, was in seinem Lokal gesprochen wird.

Ist ja in Ordnung.

Wenn eine Frau ihr Strumpfband verliert, sollte man darüber hinwegsehen — wie es die folgende Anekdote erzählt: Weiterlesen

Heimlich, still und leise – Gute Taten

„Die Neigung der Menschen, kleine Dinge für wichtig zu halten, hat viel Großes hervorgebracht.”
G. C. Lichtenberg

Heimlich, still und leise

Manchmal verkleiden sich Geschenke als anonyme gute Taten und gestalten so die Welt etwas freundlicher. So wandern sie inkognito von Mensch zu Mensch.//Sabine Kumm

Siebter Dezember, sechs Uhr früh, fünf Grad minus. Es hat das erste Mal geschneit, hier und da sind schon die Schneeschieber in Aktion. Der Countdown läuft. Jetzt nichts wie raus aus dem Bett – zwischen Morgenkaffee und Büro liegen noch zwanzig Meter geschlossene Schneedecke und ein Auto, das nach der letzten Nacht im Freien sicher komplett vereist sein wird. Schöne Aussichten – eigentlich ist der Tag jetzt schon gelaufen. Doch eine halbe Stunde später die Überraschung: Irgendjemand hat bereits den Weg rund ums Haus frei geschippt, die Autoscheiben sind vom Eis befreit. Ein Versehen? Wohl eher nicht. Denn hinter dem Scheibenwischer klemmt eine Karte: „Sie sind in den Genuss einer anonymen guten Tat gekommen. Wir wünschen Ihnen noch einen schönen Tag!”

Überraschung! Weiterlesen

Das fremde Mädchen – Evelyne Stein-Fischer

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Salima heißt die Neue in der Klasse.

Sie ist kein stilles schüchternes Mädchen wie Gabi.

Salima macht sich überall bemerkbar.

Sie spricht lauter als die anderen.

Sie kleidet sich bunter als die meisten.

Und sie lässt sich von keinem etwas gefallen. Weiterlesen

Spaghettifresser – Willi Fährmann

Spaghettifresser

Frau Sulzbacher hatte in der großen Pause die Aufsicht auf dem Schulhof. Aus der Ecke am Toilettengebäude schallte es im Chor:

»Spaghettifresser Tonio
hat Wanzen, Läuse und ‘nen Floh.«

Sie lief auf die Kinder zu, die in einer Traube um Tonio Zuccarelli herumstanden und ihn in die Ecke gedrängt hatten. Tonio hatte die Fäuste in die Hosentaschen gesteckt, die Schultern hochgezogen und starrte auf den Boden. Er war einen Kopf größer als die anderen Kinder der 3. Klasse.

»Spaghettifresser…«, stimmte Kalle Blum erneut laut den Spottvers an. Weiterlesen

Ines – Eine Geschichte aus Mittelamerika

Ines

Eine Geschichte aus Mittelamerika

Die Stadt heißt Marcala. Mar-ca-la, ein Name, so schön wie die roten Gladiolen, die hier wild auf den Wiesen wachsen.

Aber das Haus, in dem ich sitze, ist außen grau und innen grau, weil es aus Lehmziegeln gebaut ist. Die Ziegel sind nicht verputzt. Das Haus hat eine Brettertür und hölzerne Fensterläden. Wenn man sie zumacht, wird es ganz finster. Ich lege den Kopf zurück und sehe den Himmel in hellblauen Fäden durch das Dach leuchten. »Da wird es durchtropfen, wenn es regnet!« denke ich. »Dann wird der Lehmboden glitschig sein und das Bett und die ganze Einrichtung nass.« Die Einrichtung: ein Bett für die ganze Familie, ein Stuhl, zwei Schemel, eine Bank, ein paar Nägel an der Wand, an denen Kleider hängen.

Heute scheint die Sonne. Es ist Mitte August, da macht die Regenzeit in Honduras eine Pause. »Das ist der kleine Sommer!« sagen die Leute. Weiterlesen

Der durstige Elefant

Der durstige Elefant

In einem südlichen, heißen Land lebten mehrere Mäusefamilien in einem großen Haus. Es war das einzige Haus im Umkreis von vielen Kilometern. Die Gegend rundherum war karg und trocken. Es wuchsen nur wenige Bäume dort, dafür aber umso mehr Disteln. Es war ein unwirtliches Land. Auch gab es viele gefährliche Tiere in den Bergen und sogar Räuberbanden, die von Zeit zu Zeit Dörfer und einzeln stehende Häuser überfielen. Doch das Haus der Mäuse hatte dicke Mauern und eine starke Eichentür und sie fühlten sich dahinter sicher.

Eines Tages bekamen die Mäuse von einem Vogel die Nachricht, dass die Räuberbande des gefürchteten roten Wolfs im Anmarsch sei. Weiterlesen

Winterspaziergang – Lene Mayer-Skumanz

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Der Weg zwischen den Raureifsträuchern ist an manchen Stellen so schmal, dass Jakob hinter Katharina geht. Kathis Stiefel drücken Muster in den Schnee: kleine gerippte Stiefelspuren, gleichmäßig links, rechts, links, rechts. Jakob stapft breitbeinig hinterher, damit er mit seinen Schuhen Kathis Spuren nicht zertritt.

Dann, zwischen den Weingärten, können sie wieder nebeneinander gehen. ,,Schau“, sagt Jakob und zeigt auf einen Zaun. „Das war einmal ein Gitterzaun, aber jetzt sind es viele kleine Zauberfenster in ein anderes Land.“ Weiterlesen

Die Weihnachtsschlacht

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„Nur noch sechs Tage“, stellt Nelly fest. Sie spitzt die Lippen und versucht, „Oh du fröhliche“ zu pfeifen.

„Noch sechs Tage“, wiederholt die Mutter nachdenklich. Sie sagt es nicht fröhlich, nach einer Pause schickt sie den Seufzer nach: „Wenn nur alles schon vorüber wäre!“ Nellys Pfeifton bleibt jäh in der Luft hängen. Entgeistert schaut sie ihre Mutter an.

„Freust du dich denn nicht?“

„Schon. Aber der ganze Rummel hängt mir zum Hals heraus.“

Am Nachmittag hat Nelly frei, sie fährt mit einer Freundin Schlittschuh und gegen Abend geht sie in den großen Selbstbedienungsladen, wo die Mutter arbeitet. Da geht es zu wie in einem Bienenhaus. Die Mutter sitzt auf einem Drehsessel vor einer der sechs Kassen. Die Waren kommen auf einem Förderband auf sie zu, und während ihre rechte Hand auf den Zahlentasten liegt und tippt, dreht die linke die Waren so, dass sie die Preise ablesen kann, und legt dann ein Ding nach dem andern in einen Gitterwagen. Wenn alles getippt ist, drückt die rechte Hand die Additionstaste und reißt den Kassenstreifen ab, die linke Hand stößt den gefüllten Wagen weg, zieht den leeren zur Kasse. Weiterlesen